Nicht nur, dass die Apotheken durch die immer noch schwierige Umsetzung des E-Rezepts belastet sind, jetzt fahren auch die Krankenkassen noch ihre Krallen aus und wittern anscheinend ein lukratives Geschäft, Arzneimittel nicht bezahlen zu müssen – übrigens wohlwissend, dass es technisch noch sehr bei der Abwicklung des E-Rezepts hapert. Schuld sind aber nicht die Apotheken, sondern in erster Linie die Gematik, die trotz der Schutzfunktion des Referenzvalidators falsch ausgestellte Verordnungen weiterleitet und nicht aufhält.
Daniela Hänel, 1. Vorsitzende der Freien Apothekerschaft, ist empört: „Hier ist umgehend der Gesetzgeber und das Bundesgesundheitsministerium gefordert. Es kann nicht sein, dass wir mit allen Rechten und Pflichten die Bevölkerung versorgen müssen und von der Regierung, von der wir einen staatlichen Auftrag erhalten haben, nicht vor den Retaxationen geschützt werden. Solange das E-Rezept nicht zu 100 Prozent ohne Probleme 24/7 funktioniert, dürfen die Apotheken vor Ort nicht retaxiert werden, denn weder die 95 Krankenkassen noch Herr Lauterbach sind die Problemlöser. WIR versorgen die Bevölkerung und wahren den verantwortlichen Politikern das Gesicht!“
Es gibt allerdings eine Ausnahme. Wenn die Charge des Arzneimittels nicht übermittelt wird, verzichten die Krankenkassen auf eine Retaxation. Das hatte der Deutsche Apothekerverband (DAV) mit der Gesetzlichen Krankenkasse (GKV) ausgehandelt – allerdings nur bis zum 29. Februar 2024. Aus Sicht der Freien Apothekerschaft kann man das nicht als Erfolg einer Vereinbarung werten.
Hänel: „Das ist doch absolut lächerlich. Wir werden hier wieder einmal mit zusätzlicher Arbeit überzogen, für die wir in keiner Weise verantwortlich sind. Und das ohne Vergütung. Aber das Diktat der Krankenkassen wird ja vom Bundesgesundheitsministerium unterstützt. Wenn ein Handwerker in der Wohnung von Herrn Lauterbach Mist gebaut hat, darf er das in Ordnung bringen. Den Apotheken ist eine Korrektur des Vorgangs in den meisten Fällen gesetzlich verboten, obwohl der Patient mit dem richtigen Wirkstoff versorgt wurde. Insofern fordern wir die sofortige Abschaffung der Retaxation.“
Ein weiterer wichtiger, aber ungeklärter Punkt ist die Haftung. Hänel dazu: „Die Haftung ist gänzlich ungeklärt. Es kann nicht sein, dass wir Umsatzausfälle hinnehmen müssen, wenn die Telematik Infrastruktur (TI) nicht funktioniert. Da wird es von der Gematik billigend in Kauf genommen, dass die Versorgung der Patienten nicht machbar ist, weil Wartungsarbeiten die TI stundenlang lahmlegen und damit E-Rezepte nicht bearbeitet werden können. Da interessiert plötzlich die Mutter mit dem fiebernden Kind nicht mehr, die muss dann nämlich wieder in die Praxis, um sich ein Papierrezept ausstellen zu lassen. Das Bundesgesundheitsministerium selbst verhindert somit die ordnungsgemäße Versorgung der Patienten.“
Die Freie Apothekerschaft hatte sich zum Thema „TI“ bereits mit dem Chaos Computer Club in Verbindung gesetzt und steht mit diesem im Austausch.
https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/e-rezept/friedenspflicht-bei-chargenuebermittlung/