Der Versand von Arzneimitteln nach Deutschland ist seit 2004 gesetzlich zulässig. Der deutsche Gesetzgeber hat die Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Versandhandel in § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a des Arzneimittelgesetzes (AMG) festgeschrieben. Hierbei kommt der vom Bundesministerium für Gesundheit erlassenen „Länderliste“ besondere Bedeutung zu. Diese führt EU-Mitgliedsstaaten mit vergleichbaren Sicherheitsstandards im Arzneimittelrecht auf. Die Rechtsprechung geht von einer positiven Bindungswirkung der „Länderliste“ aus; sie ersetze die gerichtliche Einzelprüfung. Es wird daher grundsätzlich unterstellt, dass die in der Länderliste aufgeführten Länder mit Deutschland vergleichbare Sicherheitsstandards im Arzneimittelrecht aufweisen.
Die „in regelmäßigen Abständen“ zu aktualisierende Übersicht, deren aktuellste Version vom 5. Juli 2011 stammt, weist unter anderem auch die Niederlande als Staat aus, in dem vermeintlich mit Deutschland vergleichbare Sicherheitsstandards herrschen. Das niederländische Recht trifft indes keine speziellen Regelungen zur Qualitätssicherung beim Arzneimittelversand. Vielmehr vertraut der niederländische Gesetzgeber auf eine freiwillige Selbstkontrolle. Wegen des fehlenden Fremdbesitzverbotes können sich in den Niederlanden überdies große Apothekenketten in Form von Kapitalgesellschaften bilden.
Daniela Hänel, 1. Vorsitzende der Freien Apothekerschaft: „Schon als juristische Laien fällt uns auf, dass es zwischen den Ländern deutliche Unterschiede im Apothekenwesen gibt. Die Zulassung zum Versand verschreibungspflichtiger Arzneimittel nach Deutschland z.B. aus den Niederlanden hat zudem mittlerweile Ausmaße angenommen, dass man den Eindruck gewinnen muss, die hiesigen Apotheken würden bewusst aufs Heftigste diskriminiert. Nicht nur jüngst bei den technischen Möglichkeiten des E-Rezepts über das sog. CardLink-Verfahren hat es den Anschein, dass das Bundesgesundheitsministerium ausländische Versender bevorzugt.“
Hänel weiter: „Die Länderliste ist aus unserer Sicht seit Einführung als äußerst problematisch anzusehen. Daher haben wir die Kanzlei Brock Müller Ziegenbein (Kiel) beauftragt, eine gutachterliche Stellungnahme zu erstellen. Die Kanzlei hat für uns bereits die Feststellungsklage gegen die Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf das Fixhonorar erhoben. Die gutachterliche Stellungnahme zur Länderliste liegt uns seit kurzem vor.“
Das Fazit der „Gutachterlichen Kurzstellungnahme zur Unvereinbarkeit der arzneimittelrechtlichen „Länderliste“ mit § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG“ von Dr. Fiete Kalscheuer und Dr. Nicolas Harding ist eine Bestätigung der jahrelangen Meinung vieler Apothekerinnen und Apotheker. Hier ein Auszug: „Das niederländische Recht genügt nicht den deutschen Sicherheitsstandards im Arzneimittelversand. Die Vorgaben des § 73 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a AMG werden insofern nicht gewahrt. Problematisch ist vor diesem Hintergrund, dass die deutschen Behörden die Vereinbarkeit des niederländischen mit dem deutschen Arzneimittelrecht wegen der „Länderliste“ aus dem Jahr 2011 auf der Grundlage von § 73 Abs. 1 Satz 3 AMG nicht überprüfen. Die „Länderliste“ stellt verbindlich fest, dass zum Zeitpunkt ihrer Bekanntmachung vergleichbare Sicherheitsstandards in den genannten Mitgliedsstaaten vorlagen.“
Daniela Hänel: „Durch die seit 20 Jahren fehlende regelmäßige Überprüfung der Länderliste durch das Bundesgesundheitsministerium werden hiesige Apotheken immens benachteiligt. Es gibt eine Vielzahl von Gründen, die dafür sprechen, dass die Niederlande umgehend aus der Länderliste entfernt werden müssen.“
Beim Bundesministerium für Gesundheit in Bonn (Abt. Justiziariat und Europarechtliche Angelegenheiten) wurde bereits ein Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) mit vier Fragen zur Länderliste gestellt, u.a. welche Rechtsnatur die Länderliste besitzt und ob niederländische Großversandapotheken in kapitalgesellschaftsrechtlicher Organisation durch niederländische Behörden überwacht werden.
Eine Antwort der Behörde steht noch aus. Der Antrag muss grundsätzlich aber innerhalb eines Monats beantwortet werden.
Hänel: „Wir werden die Antwort des Ministeriums abwarten. Im Augenblick geht der Vorstand allerdings davon aus, dass wir auch in diesem Fall eine Feststellungsklage auf den Weg bringen werden.“
In der „Freien Apothekerschaft“, gegründet 2010, haben sich aktuell über 900 Apothekerinnen und Apotheker zusammengeschlossen, um die Interessen des Berufsstandes zu vertreten und ihre Situation, politisch wie wirtschaftlich, zu verbessern.
Damit vertritt der Bundesverband über 1.000 Apotheken inkl. Filialbetriebe.
Ansprechpartner für Medienvertreter:
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